Wandern im UNESCO Welterbe: Auf dem Wasserweg 

Fotos: Valais/Wallis Promotion - Pascal Gertschen, David Carlier und Marco Schnyder

Eggerberg | Wasser gäbe es im Gletscherkanton Wallis eigentlich genug, jedoch nicht überall. Um die kargen Südhänge zu bewässern, schufen die Walliser über Jahrhunderte hinweg kunstvolle Wasserwege, die Suonen. Diese Lebensnerven durchziehen heute auf 2000 Kilometer das Land wie Adern und versorgen eine einzigartige Kulturlandschaft mit mineral- und nährstoffreichem Gletscherwasser. Wanderern bieten sie unvergessliche Erlebnisse.

Die Oberwalliser leben eigentlich an der Quelle, denn der Grosse Aletschgletscher ist der grösste Wasserspeicher der Alpen. Würde man den Eisriesen ab schmelzen, so könnte die gesamte Menschheit fünf Jahre täglich mit einem Liter Wasser versorgt werden. Doch das kostbare Gut ist ungleich verteilt. Die kargen Südhänge des Oberwallis zählen zu den niederschlagsärmsten und trockensten Gegenden der Schweiz.

Um das Kulturland landwirtschaftlich nutzbar zu machen, wurden die Walliser erfinderisch. Aus Holz und Stein bauten sie ausgeklügelte Leiten, die Suonen, um das Wasser zu Dörfern, Äcker, Felder und Wiesen zu führen. Teils bis zu tausend Jahre alt werden die Konstruktionen bis heute in mühevoller und gefährlicher Handarbeit erhalten. Für Wanderer ist es ein besonderes Erlebnis, entlang dieser Trennstriche der Walliser Landschaften zu wandeln. Faszinierend ist die biologische Vielfalt, die sich entlang der lebensspendenden Wasserrinnen entfaltet hat; atemberaubend sind auch die kühnen Konstruktionen als solche so wie die Kombination aus «Chänil» (ausgehöhlter Baumstamm), «Chrapfa» (krumm gewachsener Baumstamm) und «Toggen» (Träger), die ohne Anker und Bindemittel das Wasser an senkrechten Felswänden vorbeiführen.

Eindrückliche Beispiele stellen die Ausserberger Suonen «Gorperi» und «Undra» im Baltschiedertal dar. Sie führen geradewegs in das Herz des UNESCOWelterbes Swiss Alps Jungfrau-Aletsch. Etwa um 1640 erbaut, schöpft die «Gorperi» das Wasser auf 1216 m ü. M. aus der Baltschiera und bewässert damit die Kulturlandschaft von Eggerberg und Eggen. Auf einer Strecke von 12 km windet sich der Wasserlauf und damit der Suonen-Wanderweg entlang waghalsiger Felsnasen und am Fusse senkrechter Felswände durch ein Eldorado aus schattigen Birken-, Erlen- und Eschenwälder und bietet wunderbare Ausblicke auf die Bergwelt. Unterwegs zeugt ein 15 m langer rekonstruierter «Holzkännel», in dem die Suone einst eine Felswand traversierte, vom Einfallsreichtum der Walliser. Über die «Gorperi» von Eggerberg ins Baltschiedertal gewandert, bietet sich die Strecke der talauswärtsführenden «Undra» als Rückweg mit Destinaton Ausserberg an. Der Hauptverlauf führt zumeist an Felswänden, über Geröllhalden und durch schattige Wälder nach Ausserberg. Im Dorf lohnt sich ein Abstecher in die Suonenbrauerei, wo exzellente Spezialbiere aus dem Wunderwasser gebraut werden.

Praktisches

UNESCO-Welterbe

Swiss Alps Jungfrau-Aletsch

Bahnhofstrasse 9a

3904 Naters

+41 (0)27 924 52 76

jungfraualetsch.ch


Eggerberg-Ausserberg

Strecke: 12 km

bergauf: + 506 hm

bergab: - 337 hm

myswissalps.ch/trail/490


Spot Tipp: Waghalsige wanden entlang der «Niwärch», mit 14 km die längste Suone im Baltschiedertal

Suone Wyssa: BITTE SCHWINDELFREI!

Die 7 km «Wyssa» aus dem Jahre 1462 ist die höchste, schönste und auch gefährlichste Suone der insgesamt zehn Suonen im Gredetschtal, einem stillen Tal oberhalb Mund bei Visp. Heute dient die Wasserleite praktisch nur noch als abenteuerlicher Suonenwanderweg, denn das Nutzwasser fliesst längst durch einen Tunnel ins Dorf Mund, bekannt als einziger Ort in der Schweiz, wo Safran angebaut wird. Die Route ist sehr exponiert. Schwindelerregende Durchgänge wechseln sich mit 15 niedrigen kleinen Tunnels ab, in denen man teils auf einem Holzbrett (auf den Knien!) gehen muss, das auf das Suonenbett gelegt ist. UNESCO-Welterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch Besucherzentrum WNF, +41 (0)27 924 52 76, myswissalps.ch/poi/77

Ausserberg-Raron: KULTURWANDERN

Auf dem sonnigen, alten Wegstück zwischen Ausserberg und Raron auf einem Südhang im Oberwallis waren vermutlich schon die Römer unterwegs. Als die Talebene noch nicht entwässert und der Rotten noch nicht eingedämmt war, war der heutige Kulturweg die einzige Verbindung zwischen Raron, St. German und Ausserberg. Dank einer Stiftung konnte dieses Stück Geschichte vor dem Teer gerettet werden und eröffnet heute als Themenweg über 5 km Einblicke in die Walliser Geschichte und in die Rebberge bei St. German. Eine öffentliche Kulturwegwanderung findet am 28. August statt. Der Kulturweg, derkulturweg@bluewin.ch, derkulturweg.com