
Wanderbare Rigi: Vom Wanderklassiker bis zum Geheimtipp
Rigi | Die Rigi wird ihrem Namen «Königin der Berge» gerecht nahezu königlich liegt sie wie eine Halbinsel zwischen dem Lauerzer-, Zuger- und Vierwaldstättersee. 120 Wanderkilometer locken mit beeindruckender Rundumsicht. Zur Einstimmung auf das nächstjährige Jubiläum stellen wir zwei historische Wandertouren vor.
DER KLASSIKER Die Rigi Runde
Der Nebel ist so dicht, dass man die eigene Hand nicht vor den Augen sieht. Doch die Wetter-App prophezeit: Auf der Rigi scheint später die Sonne. Wir vertrauen ihr und begeben uns in Luzern an Bord der «Uri», dem ältesten Dampfschiff der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee. Auf sanften Wellen trägt uns die ehrwürdige Dame schnaufend und fauchend nach Vitznau. Dort wartet die rote Zahnradbahn, mit der vor bald 150 Jahren der Tourismus auf der Königin der Berge begann. Es ist ein gebührender Einstieg in die Rigi-Runde, dem Zentralschweizer Ausflugsklassiker.
Rund 30 Minuten dauert die Bergfahrt. Wir sitzen bei offenem Fenster und fiebern jenem Moment entgegen, bei dem die ersten Strahlen das trübe Grau durchbrechen. Kurz vor Rigi Kaltbad ist es so weit. Alle blinzeln; das Licht ist grell. Als sich die Augen an die Helligkeit gewöhnt haben, geht ein lautes Staunen durch die Runde. Der Nebel liegt nun wie ein wallendes Meer zu unseren Füssen. Kuppen und Bergspitzen ragen wie Inseln aus den weissen Wogen.
Wenig später, nur 1,5 Stunden nach unserer Abfahrt in Luzern, haben wir den Gipfel erreicht. Gefühlt wirkt Rigi Kulm viel mächtiger als die tatsächlichen 1800 Höhenmeter. Der Grund dafür ist wohl die Bergkulisse hoch über dem Vierwaldstättersee scheint die Rigi mit den umliegenden Gipfeln auf Augenhöhe zu sein. Eine optische Täuschung natürlich, die der Herrlichkeit des Panoramas keinen Abbruch tut. Es ist ein Anblick, von dem sich auch Renate Käppeli nach mehr als 35 Jahren nicht satt gesehen hat. Gemeinsam mit ihrer Familie führt sie das über 200-jährige Rigi KulmHotel. Sie liebt die magischen Momente, wenn im Morgengrauen oder spätabends der Gipfel nur den Hotelgästen und ihrer Familie gehört. Oder wenn das Flachland, so wie heute, unter der Nebeldecke schlummert. Dann, so verrät sie während unseres «Gipfelzmorge», scheint die Rigi dem Himmel noch ein Stückchen näher zu sein als sonst.
Tatsächlich ist es so, als würde die Rigi über der Welt schweben, als wir später gemütlich zurück nach Kaltbad wandern; vorbei am Aussichtspunkt Känzeli und der sagenumwobenen Felsenkapelle. Unmittelbar nach dem «Mineralbad & Spa Rigi Kaltbad» weitet sich der Weg. Ab hier folgt die Route dem alten Trassee der ehemaligen Adhäsionsbahn, die einst die längst verschwundenen Grand-Hotels First und Scheidegg mit Rigi Kaltbad verband. Ausser am Ende, kurz vor Rigi Scheidegg, weist der Höhenweg auf seinen sieben Kilometern keine Steigungen auf; er ist somit ideal für Genusswanderer und Familien. Unterwegs gibt es neben lauschigen Grillstellen und Restaurants auch Zeugen der Bahngeschichte zu entdecken; wie eine Eisenbahnbrücke, einen Tunnel und einen ausgedienten Personenwagen, der heute als Ferienunterkunft dient.
Wir kehren bei Slow Food-Bekenner, Stefan Winiger, im «Chalet Schild» zum Mittagessen ein und zweigen danach kurz vom Panaromaweg ab, um das Schild links statt rechts über den Felsenweg zu umgehen. Die Varianten Felsen- und Seeweg sind längst keine Geheimtipps mehr. Die teilweise in den Felsen gehauenen Pfade bieten nicht nur eine phänomenale Aussicht; Infotafeln am Wegesrand vermitteln ausserdem einen Einblick in die Biodiversität und die Naturschätze auf der Rigi.
Eine gute Stunde später erreichen wir mit dem Berggasthaus Rigi Scheidegg hoch über Gersau, der einstigen freien Republik, die heute zum Kanton Schwyz gehört, das Ende unserer Wanderung. Von hier führt eine kleine Seilbahn hinab zur Station Kräbel, wo wir in die blaue Zahnradbahn nach Arth-Goldau umsteigen. Damit ist die Rigi-Runde komplett. Nicht ohne Grund ein Klassiker und für uns eine gebührende Einstimmung ins Jubiläumsjahr 2021!
Praktisches
Route: Anreise mit dem Kurschiff von Luzern nach Vitznau Bergfahrt mit der Zahnradbahn auf den Gipfel Rigi Kulm Wanderung über den Blumenweg nach Rigi Kaltbad Wanderung über den Panoramaweg (mit Varianten Felsen- und Seeweg) nach Rigi Scheidegg Fahrt mit der Luftseilbahn nach Kräbel und weiter mit der Zahnradbahn nach Arth-Goldau.
DER GEHEIMTIPP
Auf den Spuren des Schriftstellers und Weltenbummlers Mark Twain führt der gleichnamige Themenweg auf historischen Pfaden auf die Rigi. Unterwegs locken nicht nur atemberaubende Tiefblicke.
Bevor man ab 1871 die Rigi bequem mit der ersten Bergbahn Europas erreichen konnte, gab es nur zwei Optionen für Gipfelstürmer man musste sich tragen lassen oder den Weg selbst unter die Füsse nehmen. Letzteres tat bekannterweise auch der Amerikaner Mark Twain. In seinem Buch «A Trip to Mt. Rigi» beschreibt er den Aufstieg, für den er drei Tage benötigte. Heute ist ihm mit dem «MarkTwain-Weg» eine Themenwanderung gewidmet. Auf dem abschnittsweise steilen Weg, der über 1350 Höhenmeter von Weggis auf Rigi Kulm führt, laden Informationstafeln zum Verschnaufen ein und entführen in die Welt des humorvollen Autors.
Wir machen es uns einfach, übernachten bei Renate Käppeli im Rigi Kulm-Hotel und laufen nach dem spektakulären Sonnenaufgang am nächsten Tag die 10,8 km lange Strecke in die Gegenrichtung bergab. Auf dem Weg nach Rigi Staffel kehren wir bei Franz Toni in der Alp Chäserenholz ein, blicken seinem Sohn beim morgendlichen Käsen über die Schultern und kaufen Proviant für unterwegs. Danach führt uns die aussichtsreiche Route über Rigi Kaltbad und das Felsentor nach Weggis.
Praktisches
Route: Weggis Felsentor Rigi Kaltbad Rigi Staffel Rigi Kulm (oder umgekehrt), Dauer: 5,5 Stunden