
UNESCO Welterbestätten: Das Gedächtnis Schweizer Städte
UNESCO Welterbestätten: Dort, wo die Gemeinsamkeiten von Bern, La Chaux-de-Fonds/Le Locle, Bellinzona und St. Gallen beginnen, da hören sie auch schon wieder auf, denn jede Stätte ist ausgezeichnet für ihre individuelle Einzigartigkeit.
«Was ist eine Stadt?», fragt Ernst Iten, ehemaliger Botschafter und Ständiger Delegierter der Schweiz bei der UNESCO-Kommission in Paris, in seinem Buch «Welterbe in der Schweiz» und antwortet: «Wenn wir von der baulichen Substanz her die Frage beantworten, darf an den im 20. Jahrhundert richtungsweisenden Architekten Aldo Rossi erinnert werden. Die Stadt stellte für ihn den Ort eines kollektiven Gedächtnisses dar.»
Es ist ein faszinierender Gedanke, der unsere Reise durch die UNESCO-Welterbestätten Bern, St. Gallen, La Chaux-de- Fonds/Le Locle und Bellinzona begleitet. Denn sind sie doch in so vielerlei Hinsicht von Grund auf verschieden, so beschreibt Itens Definition genau ihre Gemeinsamkeit: Ihre baulichen Substanz bewahrt das Erbe ihrer einzigartigen Ursprünge und ist gleichzeitig Ausdruck fortschrittlicher Stadtplanungsentwicklungen.
ALTSTADT VON BERN ZEUGNIS MITTELALTERLICHEN STÄDTEBAUS
Bern sei die schönste Stadt, die er je gesehen habe, schwärmte einst J. W. von Goethe. Von der Aare umspült und vom Alpenpanorama umrahmt, zeichnet sich die 1191 gegründete Altstadt vor allem durch ihr geschlossenes, mittelalterliches Stadtbild aus, welches trotz kontinuierlichen Anpassungen an die Anforderungen der Moderne in seiner ursprünglichen Struktur erhalten geblieben ist. Zu den Highlights der Zähringer-Stadt zählen die Zytglogge (S. 64), die geschlossenen Häuserzeilen mit ihren verschachtelten Dachlandschaften, die langen Laubengänge, die Figurenbrunnen sowie die berühmten Keller.
Praktisches:
Tourist Information im Bahnhof, Bahnhofplatz 10a, 3011 Bern, +41 (0)31 328 12 12, bern.com
LA CHAUX-DE-FONDS/LE LOCLE STADTLANDSCHAFT UHRENINDUSTRIE
Gehen die meisten Städte in der Schweiz auf das Mittelalter oder die Antike zurück, so sind die Neuenburger Zwillingsstädte La Chaux-de-Fonds und Le Locle Ausdruck einer Symbiose zwischen Urbanistik und Uhrenindustrie. Die Städte wurden speziell gestaltet, um den Bedürfnissen der aufkommenden Uhrenindustrie gerecht zu werden. Ihre geraden, sich im rechten Winkel schneidenden Strassen widerspiegeln das rationale, pragmatische und zweckorientierte Denken der Industrie-Epoche des 19. Jahrhunderts.
Praktisches:
Tourisme neuchâtelois, Espacité 1, 2302 La Chaux-de-Fonds, +41 (0)32 889 68 95, watch-cities.ch
BELLINZONA BEISPIELHAFTE BEFESTIGUNGSBAUKUNST
Die Burgen von Bellinzona Castelgrande, Castello Montebello und Castello Sasso Corbaro zählen zu den beeindruckendsten und besterhaltendsten Zeugnissen mittelalterlicher Architektur zur Verteidigung des Alpenbogens. Ihre Festungsmauern, Türme und Zinnen riegelten das Tal vor den Eidgenossen ab und verkörperten somit das Tor gegen Süden. Sie wurden im 13. Jahrhundert von den Herzögen von Mailand erbaut und im 15. Jahrhundert von den Schweizern in Besitz genommen. Heute beherbergen sie städtische und historische Museen mit Dauerausstellungen sowie jährliche Wechselausstellungen zu besonderen Themen.
Praktisches:
Bellinzonese e Alto Ticino, Palazzo Civico / FFS, 6500 Bellinzona, +41 (0)91 825 21 31, bellinzonese-altoticino.ch
STIFTSBEZIRK ST. GALLEN DEM MÖNCH SEI DANK
Ohne den irischen Wandermönch Gallus, der hier um das Jahr 612 die Einsamkeit suchte und fand, würde es die heutige Stadt St. Gallen wohl nicht geben, denn die Lage war strategisch nicht vorteilhaft. Dennoch gründete Abt Otmar hier ein Jahrhundert später ein Kloster, welches zum Brennpunkt der abendländischen Wissenschaft werden sollte; ein Ort der Kultur und eine Stätte von immenser Ausstrahlung, weit über die Landesgrenzen hinaus. Heute besitzt das Stiftsarchiv die grösste Sammlung karolingischer Urkunden und die Stiftsbibliothek eine Vielzahl wertvoller Manuskripte und Bücher. Zudem zählen die ehemalige Klosterkirche und der weltberühmte Barocksaal der Stiftsbibliothek zu den bedeutendsten Raum-Schöpfungen des europäischen Rokokos.
Praktisches:
St.Gallen-Bodensee Tourismus, Bankgasse 9, 9001 St.Gallen, +41 (0)71 227 37 37, st.gallen-bodensee.ch
Das Welterbe erleben
UNESCO-ALTSTADTBUMMEL BERN
Das Bundeshaus, der Käfigturm, die berühmte Zytglogge und das älteste Stadttor Berns: Ein geführter Rundgang bietet neben Sehenswürdigkeiten spannende Fakten, Anekdoten sowie jede Menge Heiteres.
LEHRLINGE DER ZEIT
In Le Locle ermöglicht ein spezieller Workshop in die faszinierende Welt der Uhrmacherei einzutauchen. Mit einem Okular ausgestattet, dürfen sich die Teilnehmer selbst in der kniffeligen Uhrenmontage versuchen.
DAS GEHEIMNIS DES SALAMI-BINDENS
Im Castello di Montebello wird das Geheimnis der Salame dei Castelli gelüftet. Besucher können bei der Produktion der Tessiner Spezialität teilnehmen und eine Salami binden, die als genussvolle Erinnerung an diesen wunderbaren Tag nach Hause geschickt wird.
KINDER-GALLUS-FÜHRUNG
Was können wir heute noch von Gallus sehen oder lesen? Warum findet man in St.Gallen so viele Bären? Eine spezielle 1.5-stündige Kinderführung, konzipiert für 6- bis 12-Jährige, liefert Antworten und bringt gleichzeitig das Welterbe näher.