
Schaffhauserland: Eine Landschaft erzählt
Zwischen Osterfingen, Wilchingen und Trasadingen reift auf 389 ha nicht nur der Schaffhauser Blauburgunder hier wächst auch ein neues Selbstverständnis. Winzer bewirtschaften das Land in Tradition der Vorfahren und denken den Weinbau weiter.
Goldenes Licht liegt über den Hügeln von Osterfingen, lässt die Rebzeilen erstrahlen. Die Landschaft wirkt entrückt, fast zeitlos. Und doch arbeitet sie still und stetig in den Händen der Winzer, die zwischen den Reben Blätter zupfen, um den jungen Trauben mehr Platz an der Sonne zu geben.
Hier beginnt der 5,3 km lange Genussweg WilchingenOsterfingen. Gleich zu Beginn begegnet uns ein Wahrzeichen der Region: die Bergtrotte, 1584 erbaut, seit Jahrhunderten dem Wein verpflichtet heute kulinarischer Treffpunkt, Kulturstätte und stimmungsvolle Kulisse für Feste und Hochzeiten. Wir schmökern im Menü aus regionalen Klassikern mit moderner Note, in der Weinkarte mit 70 Tropfen aus dem Schaffhauser Blauburgunderland und streichen zum Abschied über das grobe Holz der historischen Baumtrotte vor dem Haus: Sinnbild gelebter Handwerkstradition.
Unser Weg führt durch kiesigen Moränengrund, auf dem der Blauburgunder besonders gut gedeiht verwurzelt in der Erde und in den Geschichten der Winzer. Zusammen bilden Osterfingen und Wilchingen mit 97 ha Fläche das zweitgrösste Rebbaugebiet im Schaffhauserland. Der Blick fällt immer wieder auf die Trauben, die sich im Sonnenlicht wie Glasperlen wölben. Dazwischen summen Bienen, Eidechsen huschen, Wiesenblumen nicken in der warmen Brise.
Zu Mittag breiten wir unser Picknick aus: UrDinkel-Knäckebrot, Buureschüblig, Käse und Osterfinger Wiigueteli ein kleiner Auszug aus dem, was die Region an Genüssen bereithält. In der Ferne winkt schon der Kirchturm von Wilchingen.
Im Ortskern empfängt uns später das Gysel 175 Weingut ein Haus im Wandel. Rico Gysel, Winzer in dritter Generation, führt uns durch den Degustationsraum und die neue Kellerei, wo er seit letztem Jahr selbst Weine vinifiziert. Er erzählt von früher, vom Innovationsgeist der Eltern und vom Wunsch, das Erbe weiterzuführen und weiterzudenken. Die neuen Rebsorten und Weine spiegeln die Verbindung von Tradition und Innovation wider: etwa der Pinot Noir «R» (R für Rico): kraftvoll, verwurzelt. Oder der Weisswein «Augenblick», eine florale Assemblage mit Leichtigkeit und Ausdruck, wie ein frischer Sommertag.
Die Taschen voller Wein bringen uns Bus und Zug durch die Hügellandschaft nach Trasadingen ans Ende der Schweiz. Zwischen den südlichen Ausläufern des Wilchingerbergs und den Hängen unterhalb des Schlaapfiwalds schmiegen sich auch hier Reben an die Hänge. Das Dorf ist klein, bäuerlich gewachsen. Dazwischen liegt die Siedlung Neuwelt, ein Zeuge des Wandels.
Veränderung auch das prägt die Geschichte der Familie Rüedi. Wo einst das Vieh ums Haus graste, steht heute das Weinfasshotel: riesige Weinfässer und liebevoll gestaltete «Räbhüüsli» zum Übernachten und Baden. Ein mutiges Unterfangen und von Erfolg gekrönt. Monika ist Gastgeberin par excellence, Andreas Herzblut-Winzer. Sein Wein, etwa der beliebte «Kerner», wird im Gartenbistro serviert oder ganz unkompliziert am Weinautomaten selbst gezapft. Ein kleiner Schlummertrunk, bevor wir am nächsten Morgen weiterziehen: zu Fuss, mit dem E-Bike oder dem ÖV hinaus in eine Landschaft, die leise weitererzählt.
Genussweg Osterfingen-Wilchingen
Erreichbar mit dem ÖV
Länge: 5,3 km
Höhenmeter: +/- 103 hm
Highlights: Rebberge, Dörfer Osterfingen und Wilchingen, Bergtrotte (bergtrotte.ch)
Gysel 175 Weingut: gysel175.ch
Weinfasshotel Ruedi: rueedi-ferien.ch
Weitere Informationen und Ausflugsideen: schaffhauserland.ch
SAVE THE DATE
FREILICHTSPIELE 2025, 8.-23. August 2025
Auf dem Gemeindehausplatz in Wilchingen wird Geschichte lebendig: Mit Witz, Drama und Leidenschaft erzählt das Stück «Wilchinger Handel» von einem jahrzehntelangen Streit um Tavernenrechte, Macht und Gerechtigkeit im 18. Jahrhundert. wilchinger-handel.ch
HERBSTSONNTAGE WILCHINGEN, 27. - 28. September, 5. Oktober 2025
Ein Hoch auf den neuen Jahrgang: Wenn Wilchingen den Herbst feiert, kochen Landfrauen auf, Pferdefuhrwerke klappern durch geschmückte Gassen, Kinder tanzen zu Live Musik und im Glas perlt Blauburgunder. heso-wilchingen.ch
TROTTENFEST OSTERFINGEN, 11.-12. Oktober 2025
Ein Fest für alle Sinne: In offenen Kellern wird verkostet, auf der für den Verkehr geschlossenen Dorfstrasse Osterfingens geschlemmt und getanzt. Im Herzen der Rebberge lädt auch die Bergtrotte zur Feier, genussvoller Treffpunkt und Leuchtturm der Region. trottenfest.ch
OSTERFINGER WIIGUETELI
2 Eier
700g Zucker
3dl Rotwein (Schaffhauser Blauburgunder)
1 Pack Wiigueteli-Gewürz
1 EL Schokoladenpulver
125g gemahlene Mandeln
1 Zitrone, Schale
1 Orange, Schale
1 1.5kg Mehl
1 KL Natron (oder 1 Pack Backpulver)
Eier, Zucker, Wein, Wiigueteli-Gewürz und Schokoladenpulver schaumig rühren. Mandeln, abgeriebene Zitronen- und Orangenschalen beifügen, Mehl und Natron dazusieben und zu einem festen Teig verarbeiten. Den Teig zugedeckt etwa 1 Stunde gehen lassen. Dann den Teig 6 7 mm dick auswalken, beliebige Guetzli ausstechen und auf ein mit Backtrennpapier belegtes Blech legen.Mindestens 12 Stunden trocknen lassen. In der Mitte des vorgeheizten Ofens bei 180° C etwa 12 Minuten backen. Nach Belieben die noch heissen Wiigueteli mit Glasur aus Puderzucker, wenig Zitronensaft und ein paar Tropfen Rotwein bestreichen.
Tipp: Wer das Wiigueteli-Gewürz selber herstellen will, benötigt 125g Tressepulver, 1 EL Sandelpulver, 1 EL Zimt und ½ KL Nelkenpulver.
Quelle: Pärke Schweiz, parks.swiss Anna Deuber-Lüthyaus dem Kochbuch «Schaffhauser Landfrauen kochen»