
Biberweg Thayngen: Die Biber an der Biber
Nomen est omen, heisst es. Und bei der Biber stimmt das auch. Denn die einst ausgerotteten Biber sind zum Grenzfluss zurückgekehrt. Der Biberweg Thayngen vermittelt Einblicke in ihr Leben.
«Eine Biberrutsche», erkennt Sarah sofort. Hüfthoch steht sie im Gras am Ufer der Biber. Von üppiger Vegetation umrahmt, plätschert der Grenzbach gemächlich durch die liebliche Hügellandschaft des Reiats, des nordöstlichen Zipfels der Schweiz. Einst war die Biber ein lebendiger Geselle. Frei und wild schlang sie sich durch den Talraum, überschwemmte zuweilen Wiesen und Ackerland. Dann hatte der Mensch genug von ihren Flausen. Die Biber wurde «korrigiert» und in ein kanalartiges Bachbett gezwängt. Mit Auen, Tümpeln, Inseln, Kies- und Sandbänken verschwanden wichtige Lebensräume und damit auch Tiere wie der Biber nicht nur im Reiat sondern in der ganzen Schweiz.
Heute hat der Biberbach dank einer Revitalisierung ein Stück Natürlichkeit zurückerlangt. Fische tummeln sich wieder im seichten Wasser; Wasserfrösche und Erdkröten laichen in Tümpeln; Libellen surren; Mädesüss, Blutweiderich und Bachnelkwurz gedeihen am Uferrand. Und auch der zweitgrösste Nager ist zurückgekehrt. Unübersehbar sind seine Trampelpfade, die vom Biberbach zu Zuckerrüben- und Maisfeldern führen. Nur vom Tier selbst keine Spur. Zu hoch steht die Sonne, um den scheuen, dämmerungs- und nachtaktiven Staudammkünstler aus seinem Bau zu locken.
Doch das stört nicht. In Thayngen, dem Hauptort des Reiats, tauchen wir dennoch mit Sarah Bänziger, Stv. Geschäftsführerin des Regionalen Naturparks Schaffhausen, in die Welt des Bibers ein. Ein 5,2 km langer beschilderter Themenweg führt hier den Bach entlang nach Hüttenleben und via Ägelsee zurück ins Dorf. Ein Selbstläufer sogar für Kleinkinder, wie sich heute zeigt.
Mit Pedal- und Laufvelo geht es ruckzuck vom Spielplatz Weiherli zur Badi. Danach lassen wir Häuser und Strassen hinter uns. Fröhlich schlängelt sich der Weg, der nun ein Pfad ist, durchs hohe Gras mitten hinein in die Natur. Lehrtafeln und Bänke laden zur Rast. Wir erfahren, wo der Biber wohnt, was er frisst und mit wem er sich sein Habitat teilt und erspähen mit Sarah immer neue Spuren im Bachbett und am Wegesrand.
Erst bei der letzten Holzbrücke weitet sich der Horizont. Der Blick schweift über Felder und Rebberge bis zum Wald, der die Grenze zu Deutschland markiert. In den Pufferzonen wimmelt das Leben. Wildbienen summen, Schmetterlinge flattern, eine grüne Heuschrecke hüpft den Kindern direkt vors Rad. Dann rückt die Zivilisation Stück für Stück näher. In Hüttenleben erreichen wir die Fotowand und damit die letzte Station am Biberbach.
Doch kein Grund für lange Gesichter. Auch der Rückweg steckt voller tierischer Überraschungen: Frösche, Enten, Schafe, Bienen und Lamas verkürzen uns den Fussmarsch zurück zur Badi Thayngen, dem Schwimmbad Büte. Dort tun es die Kinder schliesslich den Bibern gleich: Zum gelungenen Abschluss rutschen sie selbst ins erfrischende Nass.
Biberweg Thayngen
Teil des Regionalen Naturparks Schaffhausen
Länge: 5,2 km
Dauer: 1:25 h
Aufstieg: + 89 hm
Abstieg: - 83 hm
Weitere Erlebnisse im Reiat
STEINZEITPFAD: Auf drei Routen führt der Steinzeitpfad vom Bahnhof Thayngen zu Fundstellen aus der Steinzeit, darunter das «Kesslerloch», eine prähistorische Wohnhöhle. Die kleine Runde (blau) ist kinderwagentauglich und passiert auf 8,4 km mehrere Grillstellen sowie eine Rutschbahn beim «Alten Weiher».
REIATWEG: Die nördlichste Rundwanderung der Schweiz führt von Thayngen durch eine abwechslungsreiche Hügel- und Kulturlandschaft und offenbart spektakuläre Aussichten auf die Hegaulandschaft mit ihren erloschenen Vulkanen.
DORFRUNDGANG: Schön renovierte Riegelbauten bilden den idyllischen Dorfkern von Thayngen, dem bekannten Produktionsort der Knorr-Produkte. Sehenswert sind auch das Reiatmuseum und das berühmte Kirchenfenster von Augusto Giacometti.
LUST AUFS LAND: Hofgeschichten
Wer Landliebe aus erster Hand erleben möchte, besucht Sophie Bührer auf der Wagis Farm in Bibern.
Dass sie einmal den elterlichen Hof führen würde, hätte Sophie Bührer nie gedacht. Denn eigentlich wollte sie Tierpflegerin oder medizinische Tierpraxisassistentin werden. Doch als sie keine Lehrstelle fand, engagierte sie der Vater für den eigenen Betrieb. Dort fand Sophie alles, was sie zum Glück brauchte vor allem die Kühe, ihre Lieblingstiere, von denen sie jede beim Namen kennt. Dazu Pferde, Katzen und Hunde sowie 50 ha Agrarfläche und viele Möglichkeiten, sich auf der «Wagis Farm» kreativ zu entfalten.
Heute ist Sophie nicht nur Bäuerin, sondern auch Käserin, Gastgeberin und landwirtschaftliche Unternehmerin. Ihr topmoderner Hofladen ist liebevoll bestückt mit dem Besten der Wagis Farm und der Region. Dazu richtet sie Veranstaltungen aus, unterhält im Sommer freitagliche Grillabende und führt Besucher durch den Betrieb. Wer mit ihr hinter die Kulissen blickt, erhält einen neuen Bezug zur Natur, den Tieren und Menschen, die unsere Nahrungsmittel produzieren ein Geschenk, das nachhallt.
Wagis Farm, Familie Bührer