
Bernina Kräuter Express: Eintauchen in die Welt der Kräutertees
Le Prese | Die Fahrt im Bernina Kräuter Express ist ein Genuss auf vielfältige Art. Die Panoramawagen der Rhätischen Bahn klettern entlang der Albulalinie, dem UNESCO Welterbe Rhätische Bahn, über die Berge. Sie entführen ihre Gäste in ein italienischsprachiges Fleckchen Graubünden: das Valposchiavo. Im Zielort Le Prese warten feinste lokale Kulinarik sowie eine Führung durch die Kräuterwelt der Raselli Erboristeria Biologica. Wohl bekomm's!
Der mit dem Güggel ist zum Zmorge; jener mit der Eule hilft beim Einschlafen. Dazwischen liegt ein Bouquet an Düften und Nuancen für jeden Geschmack ist etwas dabei. Die vielen Variationen an Kräutertees sind der Stolz des Familienunternehmens Raselli in Le Prese. Tiermotive auf den Kartonverpackungen sind ein beliebtes Markenzeichen und helfen, die Wirkung der jeweiligen Teemischung zuzuordnen. Der Güggel ist mit Malve, die Eule mit Zitronenmelisse. Auch lose Tees beispielsweise mit Edelweiss oder Hanf stehen zur Auswahl, sowie farbenprächtige Blütenmischungen und Gewürzpackungen.
«Das Valposchiavo bietet ideale Anbaubedingungen», schwärmt Bruno Raselli, der mich auf der heutigen Besichtigungstour durch die Felder seines Neffen Fabrizio Raselli führt. Hier bekämen die Pflanzen genau, was sie brauchen: viel Sonne, warme Sommer, wenig Regen und gleichzeitig die klimatische Vielfalt einer Bergregion. All das zusammen er hebt geheimnisvoll die dichten, italienisch anmutenden Augenbrauen schenke den Pflanzen einen starken Charakter und verleihe den unverwechselbar intensiven Geschmack.
Der Zeitpunkt des Setzens, grösstenteils Mitte Mai, sei entscheidend für die Entwicklung der Kräuter, erklärt Bruno Raselli weiter. Es dürfe weder zu trocken noch zu nass sein; ausserdem sei kühler Nordwind schlecht für die Setzlinge. Danach aber beginne die Arbeit erst richtig: Das Jäten beanspruche einen Grossteil der Arbeitszeit in der Produktionskette, weil dies nur von Hand möglich sei. Die meisten der über zehn verschiedenen Kräutersorten werden im Le Prese heute maschinell geerntet. «Das erspart viel Zeit und ermöglicht am Ende einen tieferen Preis für den Endkunden», hält der 61-jährige Unternehmer fest.
Bruno Raselli betreibt ein Drei-Sterne-Hotel im Ort, für dessen Restaurant er fast ausschliesslich selbst angebaute oder zumindest regionale Produkte verwendet. Sein Ziel: 100 Prozent Valposchiavo. Mit dem Kräuteranbau des Familienbetriebs kommt er diesem Ziel schon sehr nahe. Zudem gehört ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Viehhaltung zur Familie. «Alles in Bio-Qualität, ist klar», fügt er hinzu. Etwas anderes ist in der Region kaum mehr denkbar. Rund 90 Prozent der Anbaufläche im Tal wird heute biologisch bewirtschaftet. Zum Vergleich: Schweizweit gesehen liegt der Anteil bei weniger als 20 Prozent.
Etwa 15 Prozent der Schweizer Kräuterproduktion stammen derzeit aus dem italienischsprachigen Hochtal im Süden Graubündens. Pro Jahr wachsen davon rund 40 Tonnen getrocknete BioKräuter auf den Raselli-Feldern. Aber Bio reicht heute nicht mehr aus. Deshalb sind auch in Rasellis Kräuterwelt immer wieder Innovationen gefragt. Das sind beispielsweise neue Mischungen oder zusätzliche Pflanzenarten wie uns der Hotelier mit einem Hinweis aufs nahegelegene Himbeerfeld verrät. «Wir probieren immer wieder etwas Neues aus und setzen dabei auf nachhaltige, heimische Variationen, die wir vor Ort selbst anbauen können.»
Seit 35 Jahren widmet sich Familie Raselli dem Anbau, der Verarbeitung und dem Vertrieb der natürlichen Kostbarkeiten. Brunos Bruder Reto Raselli hat den Kräuterbetrieb zum Blühen gebracht. Den Anbau hat dieser vor Kurzem seinem Sohn Fabrizio übergeben. Und wer hats erfunden? «Richtig: Begonnen hat alles mit den Kräuterbonbons von Ricola, für welche wir liefern durften», holt Bruno Raselli aus. Das macht das Familienunternehmen auch heute noch. Immerhin ein Drittel der Ernte verarbeitet Raselli aber inzwischen für die eigene Hausmarke. Daneben beliefert der Kräuterbauer auch Schweizer Grossverteiler und mehrere Betriebe, die die Bergkräuter weiterverarbeiten.
Im Produktionsgebäude strömt ein feiner Pflanzenduft durch den Gang. Mehrere Meter hoch stapeln sich grosse, graue Kisten bis an die Decke. Wie Schatzkisten muten sie an, die bis zum Rand mit feingeschnittenen Kräutern befüllt sind. Vor dem Schnitt werden die Pflanzen in belüfteten Kammern getrocknet und von den Stielen entfernt. Denn im Stiel sind Bitterstoffe enthalten, die den Geschmack beeinträchtigen würden. Das grosse technische Finale schliesslich ist die Teebeutelmaschine, welche dafür sorgt, dass eine exakte Menge abgefüllt und in die Kartons verpackt wird.
Eine lange Geschichte für einen kleinen Teebeutel. Auf der Heimfahrt im Panoramawagen des Bernina Express hängt man dieser Geschichte gern noch in aller Ruhe und bei einen frisch aufgebrühten Raselli Kräutertee nach. Und man schmeckt dabei plötzlich so vieles mehr als nur getrocknete Pfefferminze.
Rhätische Bahn AG
Railservice
+41 (0)81 288 65 65
Spot Tipp:
Der Bernina Kräuter Express ist noch bis 25. Oktober jeweils montags, freitags und sonntags buchbar. Im Paket enthalten sind ein Kräutertee auf der Zugfahrt, eine Führung durch die Raselli Erboristeria Biologica sowie ein 100 Prozent Valposchiavo- Mittagessen in Le Prese.
BERNINA EXPRESS
Der Bernina Express führt von Chur bis Tirano in Italien mit einem Fotostop auf der aussichtsreichen Alp Grüm. In Schlangenlinien, über Kehrtunnel und durch zahlreiche kleine Bergtunnel windet sich das UNESCO Welterbe Rhätische Bahn bis auf 2'253 m ü. M. und ist dank des laufend wechselnden und durchgehend spektakulären Panoramas ein einziger Hochgenuss. Die Solisbrücke, der Landwasserviadukt oder die Sicht auf den Morteratsch-Gletscher sind hierbei nur einige der Kulissen, welche über kurze, informative Durchsagen im Panoramawagen erläutert werden. Auch die Durchfahrt durch Le Prese ist beeindruckend: Einer Strassenbahn gleich schiebt sich der Zug hier in Schrittgeschwindigkeit durchs Dorf.