4-Seen-Wanderung für Geniesser

Fotos: Carina Scheuringer und Ryan Salton

4-Seen-Wanderung | Die Wanderung von Melchsee-Frutt über die Engstlenalp nach Engelberg gilt als Schweizer Klassiker und wird zumeist als Tagesvariante begangen. Wir verraten Ihnen, warum es sich lohnt, mindestens noch einen Tag anzuhängen.

In den Sommerferien haben die 11-jährige Lina, der 9-jährige Sämi und deren Geschwister drei Jobs. Mittags kochen sie das Essen und spülen das Geschirr; Am frühen Abend treiben sie die zwei Dutzend Kühe des elterlichen Landwirtschaftsbetriebes zum Melken an den Freiluftstand hoch über der Tannalp. Dort übernehmen Mama Brigitte und Papa Dominik das Zepter. Die Familie Durrer ist ein eingespieltes Team!

 Die 11-jährige Lina beim Eintreiben der Kühe.

 Der 9-jährige Sämi bei einer seiner täglichen Aufgaben, dem Melken auf dem Freiluft-Sommermelkstand.

Es gibt nichts Schöneres, als auf der Alp aufzuwachsen, weiss Dominik aus eigener Erfahrung. Wer die Natur hat, braucht keinen Fernseher. Für den Obwaldner war schon immer klar, dass er Bauer werden und den Betrieb seiner Eltern übernehmen würde. In der Appenzellerin Brigitte fand er nicht nur eine Gleichgesinnte, sondern auch eine Frau mit grossem Unternehmergeist.

Um Zusatzeinkommen zu generieren, realisierte die gelernte Konditor-Confiseurin 2008 eine eigene Backstube auf dem Hof in Kerns und produziert dort Schokolade, Glacé, Torten und weitere Backwaren aus eigenen und regionalen Produkten. Für ihr Migis Schoggi-Gädäli erhielt sie 2010 den Innovationspreis des Kantons Obwalden und 2011 den begehrten agroPreis.

Doch jeweils im Sommer pausiert Brigitte mit ihrem Nebenjob, denn dann sind die Durrers eine von rund 30 Älplerfamilien, welche ihre Viehherden im Weidegebiet der Korporation Kerns auf der Tannalp sömmern. Aus der Milch ihrer Brown-Swiss-Kühe entsteht in dieser Zeit Sbrinz, Alpkäse, Butter und Joghurt in der Käserei Tannalp, die sie zwei Mal täglich mit ihrer kostbaren Ware beliefern.

 Der Freiluft-Melkstand der Familie Durrer über dem Tannalpsee.

Von der Milch zum Käse

Die Alpkäserei von Arnold (Noldi) Bucher ist eine von nur 30 ausgewählten Produktionsstätten, an denen noch Sbrinz hergestellt wird. Die Kriterien sind streng. Die Milch muss ausschliesslich aus der Region stammen und der Käse später im Ursprungsgebiet gelagert werden. Dadurch vermeidet man lange, unökologische Transportwege.

Täglich um sechs Uhr morgens beginnt für Noldi die Arbeit. Für einen 45 Kilogramm schweren Laib Sbrinz benötigt er 600 Liter frische Rohmilch, die er unter ständigem Rühren im Käskessi erwärmt und dann mit Lab versetzt. Später schneidet er die Masse mit der Käseharfe in gleichmässige Stücke, wodurch sich die Molke vom Käse trennt. Die Käsemasse kann nun mit einem Tuch aus dem Kessi gehoben und in die bereitgestellten Formen gefüllt werden. Dort wird sie solange gewendet und gepresst, bis keine Molke mehr austritt. Ist der Laib einmal fest, badet er 18 Tage im Salzwasser, ehe er zum Abschluss zwei Monate lang bei einer Temperatur von 18°C gelagert wird. So entwickelt der Sbrinz seinen unverkennbaren Geschmack, von dem man sich später auf der Sonnenterrasse der Alpkäserei selbst überzeugen kann.

Arnold Bucher beim Käsen von Sbrinz.

Die Käserei Tannalp ist eine der wenigen Käsereien auf über 1900 m.ü.M. Im traditionellen Verfahren produziert Noldi Bucher hier frische Milchprodukte wie Alpkäse, Sbrinz, Butter und Joghurt und lässt sich dabei über die Schulter blicken. Im kleinen Lädeli gibt es seine Spezialitäten auch zum Mitnehmen.

Schon alleine um den Entstehungsprozess von der Milch bis zum Käse Schritt für Schritt zu verfolgen, lohnt es sich, die 4-Seen-Wanderung von Melchsee-Frutt nach Engelberg auf zwei Tage auszuweiten. Faszinierend sind die Einblicke in das Leben und die Arbeit auf der Alp; unvergesslich die Begegnungen mit den Menschen entlang des Weges. Doch der schönste Moment überhaupt ist, einmal selbst wie die Älpler dem letzten FruttliZug nachzuwinken und inmitten der Naturidylle übernachten zu dürfen. In einem der 6-Bettzimmer des Berggasthauses Tannalp werden wir daher unser Nachtlager aufschlagen. Zuerst jedoch dürfen wir uns noch selbst das Abendbrot verdienen.

 Der malerische Tannalpsee Am Abend hat man ihn fast für sich allein.

Selbst gefangen schmeckt am besten

Am Ufer des Tannensees sind wir mit Gusti Berchtold, dem Leiter der hiesigen Bergseefischerei, verabredet, der uns heute in die Kunst des Fischens einführen wird. Zu fangen gebe es auf dem idyllischen Stausee auf fast 2000 m.ü.M genug, weiss Gusti zu berichten. Als Verantwortlicher war er live dabei, als zu Saisonstart hier über eine Tonne Fische eingesetzt wurden: Saiblinge, Bachforellen, Regenbogenforellen; allesamt mit stattlichem Mass. Der umfangreiche Besatz ist nötig. Bis zu fünf Fische pro Tag darf fangen, wer eine Tageskarte oder ein Saisonpatent erwirbt.

 Fischkurs mit Gusti Berchtold

 Andy hat an diesem Abend Anfängerglück und fängt den ersten Fisch.

Wir hoffen auf das Anfängerglück und versuchen, mit allerlei Leckereien die Fische anzulocken: Mit Regenwürmer sowie echten und unechten Bienenmaden. Einmal die Angel ausgeworfen, warten wir dann geduldig, bis an der Schnur ein Zucken und Rucken zu verspüren ist.

Kurz bevor die Sonne am Horizont verschwindet, hat Andy als Erster Erfolg. Gusti zeigt ihm, wie man den Fang mit einem Kescher sicher an Land bringt, waidgerecht tötet und fachmännisch ausnimmt. Der Obwaldner ist nicht nur im Fischen, sondern auch im Unterrichten geübt. Regelmässig veranstaltet er Kurse für Jungfischer und Privatpersonen.

Heute hat Gusti in uns vier neue Fans gefunden. Liebevoll im Bergrestaurant Tannalp zubereitet sind unsere selbst gefangenen Regenbogenforellen der perfekte Ausklang eines perfekten Tages.

Im spiegelglatten Tannalpsee stehen die Berge Kopf.

Heile Welt

Am nächsten Morgen meint der Wettergott es gut mit uns. Die Sonne strahlt; nur vereinzelte Wolken zieren den Himmel. Nach der Käsekunde bei Noldi wandern wir die Spycherflue hinab in den Kanton Bern. Der in eine Felsenflanke gehauene Weg ist schmal und mit Seilen gesichert. Wir sind dankbar dafür! Rechterhand stürzt das Gelände steil in Richtung Gental ab, an dessen oberen Ende der blaugrüne Engstlensee schon aus der Ferne schimmert.

Der aussichtsreiche Weg zur Engstlenalp.

Eingebettet in eine urtümliche Landschaft am Fusse des vergletscherten Titlis, ist der bezaubernde Bergsee der Grösste im Berner Oberland und zweifellos einer der Schönsten. Seit 1973 steht die Moor- und Moränenlandschaft unter Naturschutz. Im Alpenfrühling laichen hier Grasfrösche und Alpensalamander und auch im Sommer blüht, flattert und schwirrt es überall.

Das Ökosystem ist intakt, aber zerbrechlich. Mit viel Herzblut setzen sich die Sennen deswegen dafür ein, dass die gesunde und reiche Artenvielfalt auf der Engstlenalp erhalten bleibt und Blacken oder andere Unkräuter nicht überhand nehmen. Dafür wurde ihre Alp 2014 mit dem Kulturlandschaftspreis der Region Oberland-Ost ausgezeichnet. Rund 400 Tiere werden heute hier gesömmert. Die Milch wird in der Schaukäserei zu allerlei Produkten verarbeitet, wie zum Beispiel dem Spezialkäse Muggestutz.

Schaukäserei Engstlenalp: Durch eine Glaswand kann man die Käseproduktion auf der Engstlenalp hautnah miterleben und lernen wie Mutschlis, Alp- oder Hobelkäse entstehen. Die Schaukäserei ist von Juni bis September täglich ab 8:00 Uhr morgens geöffnet.

Oft begangene WegeGegenüber der Schaukäserei lädt das historische Hotel Engstlenalp zur Rast. Schon im Frühmittelalter war die Engstlenalp ein wichtiger Umschlagplatz im Saumverkehr über den Jochpass. Erst später wurde sie zum beliebten Ausgangsort für Wanderungen, darunter auch unsere nächste Etappe in Richtung Engelberg.

Wir besuchen zuerst den Engstlensee und kühlen uns neben dem kleinen Steg kurz im glasklaren Wasser ab. Vor ein paar Jahren wurde hier eine einladende Grillstelle errichtet, an der sich heute schon zwei Familien tummeln.

Der malerische Engstlenalpsee lädt zum erfrischenden Bad!

Auf der anderen Uferseite trennen sich die Wege. Während unsere Jungs den Jochpass zu Fuss erklimmen, werden wir Mädels gemütlich vom Sessellift empor getragen. Oben auf 2222 m.ü.M. weht ein erfrischender Wind und es offenbart sich eine urige Berglandschaft. Mittendrin in einer Welt aus Fels und Eis markiert ein kleiner See den Scheitelpunkt des Passes, dessen Wasser so spiegelglatt ist, dass der firngleissende Titlis darin Kopf steht. 

Auch hier gibt es ein Berghaus zum Übernachten und zum Verweilen. Der Jochpass ist Ausgangspunkt zahlreicher Wanderungen, Bikerouten, verrückter Downhillstrecken und atemberaubender Klettersteige.

Wir tauchen ins Getümmel ein, geniessen ein erfrischendes Getränk auf der schönen Sonnenterrasse und wählen dann den Vierersessellift hinab zum Trübsee, dem vierten und letzten der Seen unserer Wanderroute. Auf einem Hochplateau über dem geschäftigen Engelberg gelegen, strahlt der See mal grün mal blau in der Nachmittagssonne.

Der schöne Trübsee. Unser Tipp Erkundigen Sie den See in einem der kostenlosen kleinen Boote.

 Spass und Action für alle am Adventure Park an der Bergstation Trübsee.

Er ist ein beliebtes Ausflugsziel für einheimische und ausländische Gäste und liegt auf halbem Weg zum Titlis. Für die Besucher haben sich die Verantwortlichen einiges überlegt: Neben Grillstellen locken verschiedene Restaurants rund um den See mit währschafter Küche. Sechs kleine Boote können kostenlos ausgeliehen werden und am Ende des Sees unweit des Adventure Parks mit «BagJump» ist gerade ein weiterer Abenteuer-Spielplatz im Entstehen. Ein ideales Ende der Tour für alle, die nebst Genuss auch noch etwas Action wünschen!

Praktisches: 4-SEEN-WANDERUNG

20% Ermässigung auf eine einfache Fahrt EngelbergTrübsee (oder umgekehrt).

20% Ermässigung auf eine einfache Fahrt StöckalpMelchsee-Frutt (oder umgekehrt).Angebot gültig bis 14. Oktober 2018 (je nach Witterungsverhältnissen).

RailAway Kombi-Angebot sbb.ch/vier-seen-wanderung

Route: 4-Seen-Wanderung

Melchsee-Frutt - Tannalp - Engstlenalp - Jochpass - Trübsee - Engelberg

Länge: 17.6 km

Wanderzeit: ca. 5 Stunden

Steigungsmeter: ca. 600 hm

Kondition: mittelschwer (Bergwanderweg) Abkürzung mittels Sesselbahn über den Jochpass

Übernachtung: z.B. Frutt Lodge & Spa, Berggasthaus Tannalp, Engstlenalp Hotel, Bärghuis Jochpass, Berghotel Trübsee


Kontakte:

Sportbahnen Melchsee-Frutt

Migis Schoggi-Gädäli

Tannalp

Fischerkurs

Haslital Tourismus 

Engstlenalp

TITLIS Bergbahnen